2. Besprechen
Nehmen Sie sich genügend Zeit, um dieses Anliegen mit ihrem Partner oder mit einer vertrauten Person zu besprechen. Sind Sie ein gläubiger Mensch, dann nehmen Sie das Anliegen mit in ihr Gebet.
Folgende Fragen können dabei hilfreich sein:
- Passt die Aufgabe in meine aktuelle Lebenssituation?
- Kann ich die Aufnahme eines Kindes mit meiner familiären, beruflichen, wirtschaftlichen und wohnlichen Situation vereinbaren? Die zentrale Frage dabei lautet: Habe ich ausreichend Zeit?
- Bin ich bereit und fähig, einem Kind mit einer besonderen Geschichte eine emotionale Bindung anzubieten und langfristig an seiner Seite zu bleiben?
- Bin ich persönlich geeignet?
- Bin ich gesund?
- Besitze ich ein stabiles Nervenkostüm, das auch Konflikten standhält?
- Habe ich Energie, Ausdauer und Freude am Umgang mit Kindern?
- Bringe ich ausreichend Akzeptanz und Verständnis für leibliche Eltern auf?
- Stehe ich einer Zusammenarbeit mit einem breiten Hilfesystem offen gegenüber?
- Kann ich gut für mich selber sorgen und Grenzen akzeptieren?
- Habe ich ein stabiles soziales Netz für diese Aufgabe?
- Besteht Einigkeit in der Familie zur Aufnahme eines Kindes?
- Sind die Familienbeziehungen und die Mitglieder der Familie stabil genug?
- Habe ich ein soziales Netzwerk, das mich ggf. unterstützen kann?
- Würde ich Unterstützungsangebote gerne annehmen?
Nicht alle Fragen müssen mit großer Sicherheit bejaht werden. Es geht nicht darum, perfekte Pflegeeltern zu finden. Dass jede Familie besondere Stärken und Schwächen hat, ist völlig normal und gut. Aber es kann hilfreich sein, sich dessen bewusst zu werden.
3. Bewerben
Möchten Sie sich für die Aufnahme eines Pflegekindes bewerben, dann erhalten Sie durch den Verein Lebenshaus e.V. einen Personalbogen, den Sie an den zuständigen Pflegekinderdienst des Jugendamtes schicken. Daraufhin vereinbart die Mitarbeiterin des Pflegekinderdienstes mit Ihnen einen ersten Termin zum Kennenlernen. Die Mitarbeiter nehmen sich in mehreren Terminen, darunter ein Hausbesuch, viel Zeit, um die individuelle Eignung gemeinsam zu besprechen und zu prüfen.
Weitere Bewerberunterlagen, die eingereicht werden müssen: ein ausführlicher Lebensbericht, ein Fragebogen, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis, ein ärztliches Attest, SCHUFA- Bonitätsauskunft, der Nachweis der wirtschaftlichen Verhältnisse, Geburts- und Heiratsurkunden.
Sind die Bewerberunterlagen weitestgehend eingereicht und die Tendenz positiv, werden Sie zu einem zweitägigen Vorbereitungsseminar im Lebenshaus eingeladen. Die Teilnahme beider Partner ist hierbei verpflichtend. Dieses Wochenende soll Sie gut auf Ihre Aufgabe vorbereiten. Praxisnah werden Sie zu wichtigen psychologischen und rechtlichen Aspekten informiert. Neben der Wissensvermittlung besteht die Gelegenheit, Gleichgesinnte kennenzulernen, mit erfahrenen Pflegeeltern und ehemaligen Pflegekindern ins Gespräch zu kommen.
Das Seminar soll dazu beitragen, die Entscheidung für ein Pflegekind zu überdenken, vielleicht zu verstärken und ggf. zu modifizieren (z.B. Alter des Kindes, befristetes oder dauerhaftes Pflegeverhältnis). Wenn Teilnehmer am Ende des Seminars für sich das Fazit ziehen, dass sie für diese herausfordernde Aufgabe (noch) nicht bereit sind, ist dies ebenso ein richtiges und akzeptables Ergebnis.
4. Vermittlung
Haben Sie die Bewerberphase (i.d.R. ca. 4-6 Monate) erfolgreich durchlaufen, erhalten Sie vom Jugendamt in einem Abschlussgespräch eine Entscheidung über Ihre Eignung. Sie können vereinbaren, ab wann Sie für eine mögliche Vermittlung zur Verfügung stehen wollen. Dies ist für Sie nicht verpflichtend und kann jederzeit verändert werden. Andersherum ist das Jugendamt nicht in der Pflicht, Ihnen ein Kind zu vermitteln.
In der Vermittlungsphase werden für Kinder passende Eltern gesucht. Weil nicht jedes Kind in jede Familie passt, muss vieles beachtet werden: z.B. das Alter, das Geschlecht, besondere Verhaltensweisen, die Geschwisterfolge, die Rechtslage, die Umgangskontakte, die mögliche Perspektive und noch vieles mehr. Erscheinen Sie aus der Sicht der Fachkräfte im Jugendamt die passende Familie oder Einzelperson für ein spezielles Kind zu sein, werden Sie darüber informiert und zunächst zu einem Gespräch ins Jugendamt eingeladen, indem Sie etwas über das Kind, seine Geschichte und seine Herkunftsfamilie erfahren. Ob Sie dieses Kind und seine Eltern kennen lernen möchten, bleibt Ihre Entscheidung. Wenn es sinnvoll ist, bekommen Herkunftseltern die Möglichkeit, potenzielle Pflegeeltern für ihr Kind im Vorfeld kennenzulernen. Ein Kind in fremde Hände zu geben ist für Herkunftseltern vielfach eine schwere Aufgabe.
5. Anbahnung
Der erste Kontakt ist meist eine sehr aufregende und emotionale Angelegenheit. Wie wird das Kind aussehen? Wie wird es sich verhalten? Ob die Chemie zwischen uns und dem Kind stimmt? In vielen Fällen ist bereits nach dem Erstkontakt ein Bauchgefühl dafür vorhanden, ob man dieses Kind an- und aufnehmen kann. Dennoch – nehmen Sie sich Zeit, und lassen Sie ihre Eindrücke einmal setzen. Sie müssen sich an dieser Stelle noch nicht entscheiden. Sprechen Sie mit im Nachgespräch offen und ehrlich mit Ihrer Beraterin vom Pflegekinderdienst. Wenn Sie an dieser Stelle schon ein sehr ungutes Gefühl haben, kann es besser sein, die Anbahnung abzubrechen. Ein Kind nur aus Mitleid aufzunehmen, ist die falsche Entscheidung, dies wissen auch die Fachkräfte.
Wenn sie sich gut vorstellen können, diesem speziellen Kind ein zu Hause zu geben, wird man mit Ihnen gemeinsam einen realistischen Zeitplan aufstellen, indem sie vermehrt Umgänge mit dem Kind haben, im fortschreitenden Prozess auch bei Ihnen zu Hause. Wie lange es dauert, bis das Kind ganz bei Ihnen einzieht, ist sehr unterschiedlich, bei einem Baby manchmal nur wenige Tage, bei einem größeren Kind vielleicht auch 10 Wochen.